MRS Plus Sonderausgabe 01/2022


Inhaltsverzeichnis der Sonderausgabe zur großen Reform der Grundsteuer

Die Reform der Grundsteuer im Überblick

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Für alle Steuerpflichtigen

Die Reform der Grundsteuer im Überblick

| In diesem Jahr steht ein Megaprojekt der Finanzverwaltung auf dem Plan: Die Neubewertung von rund 36 Millionen Grundstücken in Deutschland auf den 1.1.2022. Die Reform der Grundsteuer hat somit erhebliche Breitenwirkung und betrifft insbesondere die Eigentümer, die für jedes Grundstück eine Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts einreichen müssen. Die Sonderausgabe bringt die wichtigsten Aspekte auf den Punkt. |

1. Hintergrund und Vorbemerkungen

Das Bundesverfassungsgericht hat die Regelungen zur Einheitsbewertung von Grundstücken für Zwecke der Grundsteuer für verfassungswidrig befunden. Gleichwohl hat es das Bundesverfassungsgericht zugelassen, die Regelungen noch bis zum 31.12.2024 anzuwenden. Da der Gesetzgeber diese Frist vollständig ausgenutzt hat, ist das neue Grundsteuerrecht also ab dem 1.1.2025 anzuwenden. Das bedeutet: Erst ab 2025 wird die Grundsteuer durch die Kommunen nach neuen Regeln erhoben.

Dennoch besteht schon kurzfristig Handlungsbedarf. Denn die neuen Grundsteuerwerte werden bereits auf den 1.1.2022 in einem förmlichen Hauptfeststellungsverfahren durch die Finanzverwaltung festgestellt (Hauptfeststellungszeitpunkt).

Beachten Sie | Die folgenden Hauptfeststellungen sollen dann in einem 7-Jahresrhythmus erfolgen.

2. Überblick über das Verfahren

2.1 Abgabe einer Feststellungserklärung auf den 1.1.2022

Um eine Berechnung der neuen Grundsteuer zu ermöglichen, müssen alle Grundstückseigentümer in einer Feststellungserklärung ihrem Finanzamt die hierfür erforderlichen Angaben machen. Entscheidend für alle Angaben ist dabei der Stand zum Stichtag 1.1.2022.

Die Erklärung ist elektronisch abzugeben. Die entsprechenden Formulare sollen ab 1.7.2022 insbesondere im Portal „Mein ELSTER“ (www.elster.de) bereitgestellt werden.

MERKE | Für die elektronische übermittlung über das Portal „Mein ELSTER“ ist ein ELSTER-Benutzerkonto erforderlich. Ist noch kein Benutzerkonto vorhanden, kann eine Registrierung unter www.elster.de vorgenommen werden. Diese Registrierung ist kostenlos und kann bis zu zwei Wochen dauern.

Die elektronische Erklärung ist bis zum 31.10.2022 zu übermitteln. Die einzelnen Bundesländer sollen die rechtzeitige und vollständige Erklärungsabgabe mit weiteren Informationen unterstützen (vgl. hierzu das Bundesfinanzministerium: „Reform der Grundsteuer“ mit Stand vom 20.12.2021).

2.2 Ablauf des Verfahrens

Anhand der Angaben in der Grundsteuererklärung berechnet das Finanzamt den Grundsteuerwert und stellt einen Grundsteuerwertbescheid aus.

Außerdem berechnet das Finanzamt anhand einer gesetzlich festgeschriebenen Steuermesszahl den Grundsteuermessbetrag und stellt einen Grundsteuermessbescheid aus.

Beachten Sie | Beide Bescheide sind keine Zahlungsaufforderungen. Sie sind wie bisher bei der Einheitsbewertung die Grundlage für die Festsetzung der Grundsteuer durch die Stadt oder Gemeinde.

Da die Ermittlung der neuen Grundsteuerwerte zum 1.1.2022 erstmalig nach der neuen Rechtslage erfolgt, bedarf der Grundsteuerwertbescheid auf den 1.1.2022 im Hinblick auf seine Richtigkeit allerdings einer besonders genauen Prüfung.

Den Städten und Gemeinden stellt das Finanzamt elektronisch die Daten zur Verfügung, die für die Berechnung der Grundsteuer erforderlich sind. Anhand dieser Daten ermitteln die Städte und Gemeinden dann abschließend (wie bisher) die zu zahlende Grundsteuer. Dazu multiplizieren sie den Grundsteuermessbetrag mit dem Hebesatz, der von der Stadt bzw. der Gemeinde festgelegt wird. Daraus ergibt sich die zu zahlende Grundsteuer, die als Grundsteuerbescheid in der Regel an die Eigentümer gesendet wird.

Beachten Sie | Der Hebesatz soll nach den politischen Vorstellungen durch die Städte und Gemeinden möglichst so angepasst werden, dass die Grundsteuerreform für die jeweilige Stadt oder Gemeinde gegenüber der bisherigen Rechtslage aufkommensneutral ist. Für die einzelnen Steuerpflichtigen kann sich die Höhe der Grundsteuer jedoch ändern. Ob und um wie viel sich die Grundsteuer erhöht oder ermäßigt, hängt letztlich vom Einzelfall ab.

Die neu berechnete Grundsteuer ist dann ab dem Jahr 2025 auf der Grundlage des Grundsteuerbescheids der Städte und Gemeinden zu zahlen.

2.3 Die Modelle der Bundesländer

Nach dem Bundesmodell werden die Grundstücke nach einem wertabhängigen Modell bewertet, wobei es vor allem auf folgende Faktoren ankommt:

  • Wert des Bodens (Bodenrichtwert),
  • Höhe der statistisch ermittelten Nettokaltmiete,
  • Grundstücksfläche,
  • Immobilienart und
  • Alter des Gebäudes.

Beachten Sie | Durch eine Länderöffnungsklausel im Grundgesetz wurde den Bundesländern allerdings die Möglichkeit eröffnet, eigenständige Grundsteuergesetze mit vom Bundesrecht abweichenden Bewertungsregeln zu verabschieden.

Folgende Bundesländer haben sich für das Bundesmodell entschieden:

  • Berlin
  • Brandenburg
  • Bremen
  • Mecklenburg-Vorpommern
  • Nordrhein-Westfalen
  • Rheinland-Pfalz
  • Sachsen-Anhalt
  • Schleswig-Holstein
  • Thüringen
  • Sachsen/Saarland (mit einer Abweichung hinsichtlich nutzungsbezogener Grundsteuermesszahlen)

Von der Öffnungsklausel haben auf der Ebene der Bewertung der Grundstücke fünf Bundesländer Gebrauch gemacht:

Bundesländer mit Öffnungsklausel

  • Baden-Württemberg: Flächenmodell/Bodenwertsteuer
  • Bayern: Flächenmodell
  • Hessen, Niedersachsen: Flächen-Lage-Modelle
  • Hamburg: Flächen-Wohnlage-Modell

3. Grundsteuer im Bundesmodell

Für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheiten werden gemäß § 218 Bewertungsgesetz (BewG) die Vermögensarten land- und forstwirtschaftliches Vermögen (§ 232 BewG) und Grundvermögen (§ 243 BewG) unterschieden.

Grundsätzliches zu land- und forstwirtschaftlichem Vermögen

Das land- und forstwirtschaftliche Vermögen wird nach einem standardisierten, ertragswertorientierten Verfahren bewertet, und zwar bundeseinheitlich nach dem Eigentümerprinzip.

Die land- und forstwirtschaftlichen Wohngebäude werden aber anders als bisher im Grundvermögen erfasst und nicht mehr der Grundsteuer A (agrarisch), sondern der Grundsteuer B (baulich) unterworfen.

Inzwischen wurden die für die Erklärung im Bundesmodell erforderlichen Vordrucke mit Ausfüllanleitungen veröffentlicht (BMF-Schreiben vom 1.12.2021, Az. IV C 7 – S 3001/19/10003 :011):

Vordrucke und Anleitungen

  • GW-1 Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts (Hauptvordruck)

  • GW-1A Anlage Feststellungsbeteiligte

  • GW-2 Anlage Grundstück

  • GW-2A Einlageblatt zur Anlage Grundstück

  • GW-3 Anlage Land- und Forstwirtschaft

  • GW-3A Anlage Tierbestand

  • GW-4 Anlage Grundsteuerbefreiung/-vergünstigung

Ausfüllanleitung zum/zur

  • Hauptvordruck
  • Anlage Grundstück
  • Anlage Land- und Forstwirtschaft
  • Anlage Tierbestand
  • Anlage Grundsteuerbefreiung/-vergünstigung

3.1 Erforderliche Angaben für das Grundvermögen

Zum Grundvermögen gehören nach § 243 Abs. 1 BewG:

  • der Grund und Boden, die Gebäude, sonstige Bestandteile und das Zubehör,
  • das Erbbaurecht,
  • das Wohnungseigentum und das Teileigentum,
  • das Wohnungserbbaurecht und das Teilerbbaurecht nach § 30 Abs. 1 des Wohnungseigentumsgesetzes.

Die Feststellungserklärung ist bei dem Finanzamt abzugeben, in dessen Bezirk das Grundstück belegen ist. Die Erklärung ist im Regelfall von demjenigen abzugeben, dem das Grundstück zuzurechnen ist. Dies ist grundsätzlich der Eigentümer (auf etwaige Besonderheiten, z. B. für Erbbauberechtigte, wird hier nicht eingegangen).

Folgende Angaben werden je nach Grundstücksart erforderlich sein:

Angaben Feststellungserklärung

Grundstücke (unbebaut)

Wohngrundstücke

Nichtwohngrundstücke

Aktenzeichen Einheitswert (Finanzamt)

Lage des Grundstücks

Gemarkung, Flur, Flurstück, Fläche

Angaben zu Steuerbefreiungen

Eigentumsverhältnisse

Anschrift Eigentümer

Grundstücksart

Bodenrichtwert Grund und Boden

Fläche Grund und Boden

Gebäudeart

Baujahr des Gebäudes

Modernisierungen

Wohn- und Nutzfläche Gebäude

Bruttogrundfläche Gebäude

Anzahl Garagen/Tiefgaragenplätze

Selbstständig nutzbare Flächen

3.2 Unbebaute Grundstücke

Nach § 247 Abs. 1 S. 1 BewG bestimmt sich der Grundsteuerwert unbebauter Grundstücke regelmäßig nach ihrer Fläche und den Bodenrichtwerten (Fläche x Bodenrichtwert).

PRAXISTIPP | Die Flächengröße kann in der Regel den bisherigen Einheitswertbescheiden oder den Grundbuchblättern entnommen werden. Die Bodenrichtwerte werden im Regelfall von den Gutachterausschüssen ermittelt, veröffentlicht und an die Finanzbehörden übermittelt. Für die Abgabe der Feststellungserklärung kann der Bodenrichtwert auch über das Internet ermittelt werden.

3.3 Bebaute Grundstücke

Bei bebauten Grundstücken sind folgende Grundstücksarten (§ 249 BewG) und nach § 250 BewG folgende Bewertungsverfahren zu unterscheiden:

  • Ertragswertverfahren: Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke, Wohnungseigentum.
  • Sachwertverfahren: Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke, Teileigentum, sonstige bebaute Grundstücke.

Beachten Sie | Nach § 251 Abs. 1 BewG darf der für das bebaute Grundstück anzusetzende Wert nicht geringer sein als 75 % des Werts, mit dem der Grund und Boden allein als unbebautes Grundstück zu bewerten wäre.

Ermittlung nach dem Ertragswertverfahren

jährlicher Rohertrag (§ 254 BewG, Anlage 39 zum BewG)

./.

nicht umlagefähige Bewirtschaftungskosten (§ 255 BewG, Anlage 40 zum BewG)

=

jährlicher Reinertrag (§ 253 Abs. 1 BewG)

×

Vervielfältiger/Barwertfaktor (§ 253 Abs. 2, § 256 BewG, Anlage 37 zum BewG)

=

Barwert des Reinertrags (§§ 252, 253 BewG)

+

abgezinster Bodenwert (§ 257 BewG, Anlage 41 zum BewG)

=

Grundsteuerwert (§ 252 BewG)

Im Sachwertverfahren ist der Gebäudesachwert getrennt vom Bodenwert zu ermitteln (§ 258 Abs. 1 BewG).

Die Finanzämter werden die Ermittlung in einem automatisierten Verfahren auf Basis der Angaben im Feststellungsverfahren und den zur Verfügung stehenden Daten vornehmen. Auf eine Erläuterung der Regelungen des BewG soll daher verzichtet werden. Vielmehr soll ein Beispiel die generelle Ermittlung zeigen:

Beispiel zur Berechnung eines Wohngrundstücks im Ertragswertverfahren

Für die Bewertung eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks werden dem Finanzamt folgende Angaben mitgeteilt:

Grundstückslage:

Gemarkung … , Flur … , Flurstück … 

Grundstücksgröße:

850 qm

Bodenrichtwert:

450 EUR/qm

Grundstücksart:

Wohngrundstück

Gebäudeart:

Einfamilienhaus in Koblenz, Traumstraße 1

Baujahr:

1996

Wohnfläche:

120 qm

Aus den der Finanzverwaltung zur Verfügung stehenden Daten ergibt sich, dass für die Stadt Koblenz die Mietniveaustufe 3 gilt. Der aktuelle Hebesatz wird mit 420 % unterstellt. Eine Verringerung der Steuermesszahl im Zusammenhang mit dem „sozialen Wohnungsbau“ ist ausgeschlossen.

Demgemäß ermittelt sich die Grundsteuer auf der Basis der (wenigen) Angaben des Steuerpflichtigen sowie den der Finanzverwaltung durch den Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Daten im Bundesmodell wie folgt:

Barwert des Reinertrags

Nettokaltmiete

Anlage 39 zum BewG

6,15 EUR/qm

× Wohnfläche

120 qm

× Monate

12

= jährlicher Rohertrag

8.856,00 EUR

– nicht umlagefähige Bewirtschaftungskosten

Anlage 40 zum BewG Wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer (Anlage 38)

80 Jahre

Alter des Gebäudes zum Feststellungszeitpunkt (2022 – 1996)

26 Jahre

Restnutzungsdauer (RND) unter Berücksichtigung der Mindest-RND von 30 % (= 24 Jahre) 80 Jahre – 26 Jahre

54 Jahre

Einschlägiger Prozentsatz (Anlage 40)

21 %

Abzugsbetrag

- 1.859,76 EUR

= jährlicher Reinertrag

6.996,24 EUR

× Vervielfältiger

Liegenschaftszinssatz in % (§ 256 Abs. 1 Nr. 1 BewG, Vervielfältiger [Anlage 37])

29,46

= Barwert des Reinertrags

206.109,23 EUR

+ Abgezinster Bodenwert

Grundstücksfläche

850 qm

× Bodenrichtwert

450 EUR/qm

× Umrechnungskoeffizient

Anlage 36 zum BewG

0,87

= Bodenwert

332.775 EUR

× Abzinsungsfaktor

Anlage 41 zum BewG

0,2636

= Abgezinster Bodenwert

87.719,49 EUR

Mindestwertprüfung

§ 251 BewG

Bodenwert

332.775 EUR

Prozentsatz für Mindestwert

75 %

Mindestwert

249.581 EUR

= Grundsteuerwert abgerundet auf volle 100 EUR

293.800,00 EUR

× Steuermesszahl

0,31 ‰

= Steuermessbetrag

91,07 EUR

× Hebesatz

420 %

= Grundsteuer

382,49 EUR

4. Länderöffnungsklausel (abweichendes Landesrecht)

Durch eine Länderöffnungsklausel im Grundgesetz ist den Ländern eine abweichende Regelungskompetenz eröffnet worden, von der fünf Bundesländer Gebrauch gemacht haben. Die folgenden Ausführungen verschaffen einen Überblick über wesentliche Grundsätze, ohne ins Detail zu gehen.

4.1 Baden-Württemberg

Das Modell in Baden-Württemberg sieht vor, bei Grundstücken des Grundvermögens nur den Wert des Grund und Bodens zu besteuern. Daher werden Grundstücke anhand ihrer Fläche und dem jeweiligen Bodenrichtwert auf den Hauptfeststellungszeitpunkt bewertet.

Die Bodenrichtwerte sind von den Gutachterausschüssen auf den Hauptfeststellungszeitpunkt zu ermitteln, zu veröffentlichen und an die Finanzbehörden zu übermitteln. Wird von den Gutachterausschüssen kein Bodenrichtwert ermittelt, ist der Grundstückswert aus den Werten vergleichbarer Flächen abzuleiten.

Beachten Sie | Auf Antrag kann ein anderer Wert des Grundstücks angesetzt werden, wenn der durch ein qualifiziertes Gutachten nachgewiesene tatsächliche Wert des Grund und Bodens zum Zeitpunkt der Hauptfeststellung um mehr als 30 % abweicht.

Die Steuermesszahl für Grundstücke des Grundvermögens beträgt 1,30 ‰. Diese Messzahl wird um 30 % ermäßigt, wenn das Grundstück überwiegend Wohnzwecken dient. Darüber hinaus sind weitere Ermäßigungen bei der Steuermesszahl möglich (z. B. 10 % für denkmalgeschützte Objekte).

Beispiel

S ist Eigentümerin eines denkmalgeschützten Einfamilienhauses (200 qm Wohnfläche) auf einem 400 qm großen Grundstück. Bodenrichtwert 250 EUR/qm. Der Hebesatz der Gemeinde ist 350 %.

Grundsteuerwert (400 qm × 250 EUR)

100.000 EUR

Steuermesszahl

1,30 ‰

./. 30 % Ermäßigung „Wohnnutzung“

- 0,39 ‰

./. 10 % Ermäßigung „Denkmalschutz“

- 0,13 ‰

Grundsteuerwert (100.000 EUR) × Steuermesszahl (0,78 ‰)

78 EUR

Messbetrag × Hebesatz

273 EUR

4.2 Bayern

Nach dem bayerischen Äquivalenzprinzip kommt es auf den Wert einer Immobilie nicht an, sondern nur auf die Grundstücks- und Gebäudeflächen. Die Äquivalenzzahlen betragen für

  • den Grund und Boden 0,04 EUR/qm,
  • Gebäudeflächen (unabhängig von der Nutzungsart) 0,50 EUR/qm.

Die Grundsteuermesszahl beträgt im Grundsatz 100 %. Für den Äquivalenzbetrag der Wohnflächen erfolgt jedoch eine Ermäßigung auf 70 %.

Beispiel

Ein Einfamilienhaus (in einem kleinen Dorf in Bayern) hat eine Wohnfläche von 180 qm. Das Grundstück ist 650 qm groß. Der Hebesatz der Gemeinde ist 340 %.

Fläche Grundstück (650 qm × 0,04 EUR)

26,00 EUR

Fläche Gebäude (180 qm × 0,50 EUR)

90,00 EUR

Äquivalenzbetrag Grundstück (26 EUR) × Grundsteuermesszahl (100 %)

26,00 EUR

Äquivalenzbetrag Gebäude (90 EUR) × Grundsteuermesszahl (70 %)

63,00 EUR

Grundsteuermessbetrag

89,00 EUR

Messbetrag (89 EUR) × Hebesatz (340 %)

302,60 EUR

Bei großen Flächen kann unter gewissen Voraussetzungen eine Anpassung der Äquivalenzzahl erfolgen. Dienen die Gebäude mindestens zu 90 % der Wohnnutzung, wird die Äquivalenzzahl für die das Zehnfache der Wohnfläche übersteigende Fläche des Grund und Bodens nur zu 50 % angesetzt.

Darüber hinaus sieht das bayerische Grundsteuergesetz vor, dass Gemeinden räumlich zu begrenzende Hebesatzgebiete ausweisen und für diese gesonderte Hebesätze festlegen können.

Kritik: Das „Bayern-Modell“ behandelt Immobilien gleicher Größe, aber unterschiedlicher Lage, Beschaffenheit, Alter und Ausstattung der Gebäude gleich. Das kann dazu führen, dass hochwertige Immobilien nur gering belastet werden, bei flächenmäßig großen, aber geringwertigen Immobilien die Steuerlast dagegen über den Immobilienertrag hinausgeht.

4.3 Hessen, Niedersachsen, Hamburg

Hessen, Niedersachsen und Hamburg ergänzen das bayerische Modell um einen Lagefaktor, der Grundstücke in besserer Lage höher besteuert als Grundstücke in schlechter Lage. Die konkrete Ausgestaltung des Flächen-Faktor-Verfahrens unterscheidet sich zwischen den drei Bundesländern nur im Detail.

In Niedersachsen und Hessen kommt es auf fünf Faktoren an:

  • die Fläche des Grundstücks und des Gebäudes, die Nutzung der Immobilie, den Bodenrichtwert des Grundstücks und den durchschnittlichen Bodenrichtwert der Gemeinde.

Die drei Modelle sehen feste Berechnungsgrößen vor. Diese betragen für

  • den Grund und Boden 0,04 EUR/qm,
  • Gebäudeflächen 0,50 EUR/qm.

In Niedersachsen und Hessen beträgt die Grundsteuermesszahl 100 % (Ermäßigung für Wohnflächen auf 70 %).

PRAXISTIPP | Die Bodenrichtwerte muss der Grundstückseigentümer in Niedersachsen und Hessen nicht selbst ermitteln. Die Finanzämter erhalten diese von der Vermessungs- und Katasterverwaltung. Daraus ermitteln sie den Lage-Faktor und beziehen ihn in die Berechnung ein.

Die maßgebliche Gebäudefläche bei Wohnnutzung ist die Wohnfläche. Wer keine adäquaten Unterlagen (z. B. Bauunterlagen oder Mietvertrag) zum Nachweis zur Verfügung hat, sollte sich an der Wohnflächenverordnung orientieren.

Das Hamburger „Wohnlagenmodell“ berücksichtigt neben der Fläche des Grundstücks und der genutzten Fläche der Gebäude auch die Wohnlage der Immobilie. So reduziert sich die Grundsteuermesszahl (100 %) bei Wohnflächen in guten Wohnlagen auf 70 %. In normalen Wohnlagen reduziert sich die Grundteuermesszahl um weitere 25 %.

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